Gestaltungsweisen

Ordnung und Struktur – stärkendes Gerüst oder einengende Mauer?

Gestaltungsweisen folgen den Hörweisen. Fragen und Gedanken in Ordnung und Struktur zu bringen, kann beides sein: hilfreich und hinderlich. Sie sind hifreich, weil man immer weiß, wo man ist. Ein Gedanke ist die Grundlage für den nächsten und so entsteht ein stabiles Gedanken-Gebäude. Ordnung und Struktur sind aber hinderlich, wenn sie die Gedanken an der freien Entfaltung hindern.

Hier finden Sie Vorschläge für eine Gliederung Ihrer Gedanken, die uns für die „Denk- und Fühlseite“ oder für die „Kreativseite“ sinnvoll erschienen. Welchen Vorschlag Sie annehmen ist ganz Ihnen überlassen. Es wird sicherlich auf die Predigt ankommen, aber auch ganz stark auf Ihren Typ oder Ihre momentane Stimmung.

Es kann sinnvoll sein, mit einer Struktur anzufangen und sie für einige Wochen zu benutzen. Wir möchten Ihnen aber raten, möglichst unterschiedliche Ansätze auszuprobieren. Ein neuer Winkel, eine neue Sichtweise ist gerade dann eine gute Idee, wenn man mit sehr vertrauten Gegenständen zu tun hat.
Die sechs Zugänge, die wir ausgewählt haben, fangen einfach an und werden immer filigraner. Denken Sie bei der Auswahl daran: Wir sind hier nicht in der Schule! Der Ansatz, den Sie wählen, soll Hilfe sein, nicht Pflicht. Wählen sie danach aus, was ihnen vielversprechend und hilfreich erscheint.

Erste Gestaltungsweise: Ein wesentlicher Gedanke

  • Konzentration auf eine Sache, auch wenn man viele andere Sachen dabei aus dem Blick verliert (Mut zur Lücke!)
  • Ein Gedanke, der mir wichtig geworden ist und den ich mit nach Hause nehmen will
  • Wenn man weiß, dass man bewusst weiter über das Gehörte nachdenken will, regt das meistens zu besserem und bewussterem Zuhören an

Zweite Gestaltungsweise: Predigt als Anrede an mich

  • Das ganze Leben eines Christen als ein Dialog mit Gott
  • Wir sprechen mit Gott im Gebet
  • Gott eröffnet das Gespräch in der Predigt
  • Fragen
    • Wo komme ich in der Predigt vor?
    • Was sagt das, was ich in der Predigt gehört habe, über mich?
    • Was macht das mit mir?

Dritte Gestaltungsweise: Vernunft, Emotion und Verbundenheit in der Gemeinde

  • Geht auf den griechischen Philosophen Aristoteles zurück. Er hat die Unterscheidung von Logik, Gefühl und Intention in die Redekunst eingeführt.
  • Fragen
    • Was habe ich verstanden? Was ist mir (neu) deutlich geworden?
    • Was habe ich empfunden? Welche Gefühle haben sich bei mir eingestellt?
    • Was bedeutet das für unsere Gemeinde? Wo erfahre ich etwas von dem Gesagten in unserem Miteinander?

Vierte Gestaltungsweise: Reflektion der Predigt als Einüben ins Gebet

  • Geht auf Martin Luther zurück, der einen Brief an einen Freund geschrieben hat. Der Freund hatte Luther nach einer Hilfe gefragt, die ihn im Alltag ins Gebet führen könnte. Luthers Ratschlag kann uns auch zu Entdeckungen an Gottes Wort in der Predigt führen.
  • Fragen
    • Was habe ich gehört? – Was ist der Inhalt, den ich in einer Predigt gehört habe?
    • Wofür kann ich danken? – Was ist mir von Gott geschenkt?
    • Wo werde ich zur Umkehr gerufen? – Wo zeigt sich, dass ich um mich selbst kreise?
    • Wofür kann ich bitten? – Was erhoffe ich mir noch für mich und andere?

Fünfte Gestaltungsweise: Der dreieinige Gott

  • Der Gott der Bibel hat sich offenbart in Vater, Sohn und Heiligem Geist. Dies spiegelt sich u.a. im Apostolischen Glaubensbekenntnis wider und kann auch zu einer Struktur für Gedanken und Ideen werden.
  • Fragen
    • Was habe ich in der Predigt über Gott den Vater erfahren, den Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde?
      • Wie handelt er in dieser Welt?
      • Wo entdecke ich das in meinem Leben?
    • Was habe ich in der Predigt über Jesus Christus erfahren, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn?
      • Wie handelt er in dieser Welt?
      • Wo entdecke ich das in meinem Leben?
    • Was habe ich in der Predigt über den Heiligen Geist erfahren? Der die heilige, christliche Kirche erhält und die Vergebung der Sünden wirkt?
      • Wie handelt er in dieser Welt?
      • Wo entdecke ich das in meinem Leben?

Sechste Gestaltungsweise: Gesetz und Evangelium

„Die ganze Schrift, beide, Altes und Neues Testament, wird in zwei Stücke geteilt und lehrt diese zwei Stücke, nämlich Gesetz und göttliche Verheißungen“ — Apologie der Confessio Augustana, BSLK, 268

Die lutherische Theologie hat sich von diesem Gedanken beim Studium von Gottes Wort oft leiten lassen. Wenn Gott Forderungen uns gegenüber zum Ausdruck bringt, ist dies „Gesetz“. Gottes Verheißungen und sein Zuspruch an uns ist die „frohe Botschaft“, das „Evangelium“. Diese Unterscheidung können wir auch auf unser Hören der Predigt anwenden.

  • Gesetz
    • Wo erkenne ich Grenzen in meinem Leben?
    • Wo bin ich von Gott gefordert und wo erlebe ich Momente der Überforderung?
    • Wo erlebe ich mich im Leben besonders unter Druck?
    • An welchen Punkten merke ich besonders deutlich, dass ich auf Gott angewiesen bin?
    • Wo ist mein Leben nicht in Ordnung?
    • Wofür muss ich Verantwortung übernehmen?
  • Evangelium
    • Was bedeutet es, dass Christus die Gemeinschaft zwischen Gott und mir wiederhergestellt hat?
    • Wo und wie prägt die Entlastung, die in der Vergangenheit geschieht, mein Leben?
    • Welche neuen Lebens-, Denk- und Hoffnungshorizonte öffnen sich durch das, was ich gehört habe?
    • Wo erlebe ich Freude und Befreiung?
    • Was bedeutet das für meinen Umgang mit Druck- und Belastungssituationen in meinem Leben?