
Das Verhältnis zwischen Juden und Christen ist schon immer etwas speziell gewesen. Wie gehen wir Christen damit um, dass Juden an denselben Gott glauben, aber nicht an Jesus Christus als Gottes Sohn?
Was Gott aus Gnade geschenkt hat, das nimmt er nicht zurück. Und wen er einmal berufen hat, der bleibt es.
Treffen sich ein Christ und ein Jude…
Paulus und Benjamin treffen sich zufällig auf der Straße. Benjamin ist ein Pharisäer. Paulus ist etwas aufgeregt und eigentlich auf dem Sprung. Doch um der alten Zeiten willen nimmt er sich Zeit.
B: Hey Paulus, wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen. Wie geht’s dir?
P: Ach Benjamin, ja das ist wirklich schon lange her. Eigentlich war ich gerade auf dem Weg zu einem Freund. Aber ein bisschen Zeit hab‘ ich doch. Komm wir setzen uns. Eigentlich trifft es sich sogar gut, dass ich dich gerade treffe. Ich muss dir nämlich unbedingt etwas erzählen. Mir ist etwas Unglaubliches passiert. Das muss ich mit jemandem teilen: Gott hat durch Jesus zu mir gesprochen.
B: Wie kommst du darauf, dass es dieser Jesus war? Wenn es da vor Damaskus wirklich eine Stimme aus dem Himmel war, die du gehört hast, und wenn du dir das nicht alles nur eingebildet hast, dann kann das nur Gottes Stimme gewesen sein. Also war es doch nicht dieser Jesus, dieser Gotteslästerer. Der hat ja mit unserem Gott nun wirklich gar nichts zu tun.
P: Ich glaube, da liegst du falsch. Jesus hat zu mir gesprochen. Ich bin mir ganz sicher, ich wurde von Gott berufen. Ich soll ein Christ werden, ich gehöre zu Jesus, zu dem Christus.
B: Hä? Was redest du denn da? Du bist doch einer von uns?! Ein Pharisäer! Und einer der eifrigsten, die ich je erleben durfte. Du hast diese Christen doch verfolgt. Das sind doch alles Gotteslästerer. Und jetzt erzählst du mir, du gehörst zu denen? Das kann ich gar nicht glauben… Dir ist schon klar, dass das nicht zusammengeht: Du kannst nicht zu Gottes auserwähltem Volk gehören und gleichzeitig zu diesen Christen.
P: Doch das geht. Gottes Gnade ist so groß, die reicht darüber hinaus. Ich glaube, Gottes Gnade ist größer als wir gedacht haben. Sie umfasst nicht nur sein auserwähltes Volk. Sie umfasst noch viele andere Menschen. Jesus hat das klargestellt: Egal, ob Jude oder Grieche, ob Mann oder Frau – alle gehören zu Gott.
B: Wie soll das denn gehen? Du bist doch ein Pharisäer, du hast die Schriften studiert. Du weißt doch, dass Gott seinem Volk das Heil versprochen hat. Das Volk Israel ist gemeint. Eine reiche Nachkommenschaft, das Land, in dem wir jetzt leben, seinen Segen – all das hat er doch uns verheißen. Was brauchst du da noch diesen Jesus?
P: Dieser Jesus hat mir gezeigt, wie groß unser Gott eigentlich ist. Wieviel Liebe Gott zu seinen Menschen aufbringen kann. Er will nicht, dass wir an unseren Sünden zugrunde gehen. Er will nicht, dass wir von ihm getrennt sind. Also hat er die Trennung aufgehoben. Du hast doch sicher gehört, dass Jesus gekreuzigt wurde und dann nach drei Tagen wieder von den Toten auferstanden ist. Stell dir vor: Gottes Sohn ist gestorben, damit wir nun ganz bei Gott sein können.
B: Wie kannst du nur die ganze Zeit von „wir“ reden? Ein „wir“ ist bei Gott nur für seine Auserwählten vorgesehen. Wen Gott einmal erwählt hat, der bleibt es. Und zwar für immer. Hält kurz inne. Du hast vorhin gesagt – du weißt schon, als du mir von deiner Begegnung vor Damaskus erzählt hast – da hast du gesagt: Du wurdest von Gott berufen.
P: Ja, so war es. Und ich stimme dir zu: Wen Gott einmal auserwählt, wen er einmal berufen hat, der bleibt es für immer. Das gilt für sein Volk Israel genauso, wie für jeden anderen, den er beruft.
B: Wenn es wahr ist, was du sagst, dann betrifft es ja nicht nur dich.
P: Stimmt. Du weißt ja, ich habe die alten Schriften intensiv studiert. Wenn ich die ganzen großen Geschichten lese: Den Auszug aus Ägypten, als Mose das Schilfmeer geteilt hat. Oder denk nur an die Babylonische Gefangenschaft. Wie das Volk Israel jahrzehntelang im Exil gelebt hat und von Gott zurückgeführt wurde ins verheißene Land. Er hat sein Volk gerettet. Er will nicht, dass auch nur ein Mensch verloren geht. Er will, dass alle Menschen gerettet werden. Gott erwählt viele Menschen. Das gilt für mich genauso wie für dich – und für jeden Menschen, der sich zu ihm bekennt.
B: Ja, Gott ist groß. Was er alles für uns getan hat und jeden Tag neu für uns tut – das können wir nie ganz verstehen. Aber eine Sache ist wohl klar: Was er verspricht, das hält er. Wenn er etwas zusagt, dann gilt das. Was Gott einmal aus Gnade geschenkt hat, das nimmt er nicht zurück.
P: Gerade deshalb ist es so ein großes Geschenk, dass er nicht nur euch, seinem Volk, gnädig ist. Uns Christen betrifft das ebenso.
B: Gott hat mit uns einen Bund geschlossen. Und der Prophet Jesaja hat gesagt, dass von Zion her der Retter kommen wird, der die Sünden und alle Gottlosigkeit vom Volk Israel wegnehmen wird. Was für ein Freudentag das sein wird, wenn er soweit ist.
P: Da hast du Recht, das ist ein Freudentag. Seit ich Jesus kenne, ist mir das erst richtig bewusst geworden. Kaum vorstellbar, dass Gott am Ende der Zeit die ganze Welt erneuern wird. Seine Verheißung bleibt bestehen. Er wird wiederkommen, das hat er gesagt. Und dann wird ganz Israel gerettet werden.
B: Danach sehnen wir uns. Wenn die Zeit dieser Erde zu Ende geht und wir uns nicht mehr mit Krieg, weltweiten Seuchen usw. herumschlagen müssen. Dieser Tag wird kommen. Da wird Gott mit aller seiner Macht kommen und allem Bösen endgültig ein Ende setzen.
P: Wie schön wird das sein, wenn wir unsere Streitigkeiten und unsere Uneinigkeit dann endgültig hinter uns lassen können und im himmlischen Jerusalem, in Gottes neuer Welt friedlich zusammenleben. Wie dieser Frieden aussehen wird, das habe ich in Jesus Christus erfahren. Wie schön wird es erst sein, wenn wir beide aus freiem Herzen vor Gott stehen können und ihn für alles loben, was er uns schenkt.
B: Ja, da hast du Recht.
P: Ich werde mich jetzt mal wieder auf den Weg machen. Der Freund, den ich besuchen wollte, der kann diesen Trost auch gut gebrauchen. Ich werde ihm gleich von unserem Gespräch erzählen.
Gedankenanstöße
- Wenn du einem gläubigen Juden begegnest: Wie würdest du reagieren, wenn er dir sagt, dass Jesus nicht der Sohn Gottes sein kann?
- Wenn wir von „Gottes Volk“ schließen wir uns als Christen meistens automatisch mit ein? Inwiefern ist das problematisch? Inwiefern ist das auch gerechtfertigt?
- Zu Beginn des Predigttextes wird gesagt, dass die letztendliche Rettung des Volkes Israel ein „Geheimnis“ ist (V. 25). Was genau ist daran geheim?