„Anvertraute Gaben“ (9. So. n. Trinitatis, 9.8.2020)

Photo by David Iskander on Unsplash

Jeremia 1,4–10Luther 2017Gute Nachricht • ELKG 054

Gott hat sich von Anfang an überlegt, was er mit mir vor hat. Und er stattet mich mit allem aus, was ich dazu brauche.

Ich aber sprach: Ach, Herr HERR, ich tauge nicht zu predigen; denn ich bin zu jung. Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete.

Gott beruft Jeremia, er betraut ihn mit einer Mission. Jeremia erfährt, was es heißt, von Gott geführt zu werden. Gar nicht so einfach, wenn man sich dem gar nicht gewachsen sieht, was Gott mit einem vor hat. Diese Worte aus dem Buch Jeremia entfalten eine ganz unterschiedliche Wirkung – je nachdem wie alt man ist, wenn man sie liest und wo man gerade im Leben steht. Das ist faszinierend. Ich, als junge Theologin und Pastoralreferentin, kann mich in die Lage von Jeremia sehr gut hinein versetzen. Es ist eine Herausforderung, vor vielen Menschen zu sprechen. Habe ich überhaupt etwas zu sagen? Werden mir die Leute zuhören? Ich bin sehr viel jünger als die meisten meiner Zuhörer. Werden sie mit ihrer ganzen Lebenserfahrung meine zaghaften Versuche, etwas Sinnhaftes und Tiefgründiges von mir zu geben, nicht einfach nur höflich belächeln?

Da ist es gerade für junge Menschen ein großer Trost, dass es bei der Berufung des Jeremia hier offenbar überhaupt nicht auf’s Alter ankommt. Jeremia macht sich Sorgen, dass seine Autorität nicht anerkannt wird. Dass er zu jung ist für die Aufgabe, die Gott ihm zugedacht hat. Aber Gott räumt die Zweifel aus. Und er geht mit Jeremia nicht gerade zimperlich um: „Du sollst hier nicht lange diskutieren! Du sollst gehen, wohin ich dich sende!“ Keine Zeit zum Zweifeln, kein Platz für Sorgen. Einfach gehen und machen.

In der Theorie klingt das einfach. Die Praxis ist sicherlich um einiges komplexer. Jeremia hat von Gott einen großen Auftrag bekommen: Er soll nicht nur zu seinen eigenen Leuten im vertrauten Umfeld sprechen. Er soll seine Komfortzone endgültig verlassen und zu fremden Völkern und in fremde Königreiche gehen. Spannend ist, was Gott Jeremia für einen Auftrag gibt. Er soll predigen – ja. Aber die Worte, die er predigen soll, die gibt Gott ihm erst später. Erst, wenn er da ist und vor den Völkern von Gott erzählen soll. Aber hier bei der Berufung ist der Auftrag viel handwerklicher: „Siehe, ich setze dich heute über Völker und Königreiche, dass du ausreißen und einreißen, zerstören und verderben sollst und bauen und pflanzen.“ (V. 10) Beides wird geschehen: Altes wird zerstört, und Neues wird gebaut. Aber wie das ganz genau geschehen wird, das sagt Gott Jeremia hier nicht. Und trotzdem ist sich Gott sicher, dass es funktionieren wird. Diese Zuversicht nimmt er nicht aus Jeremia, sondern aus seiner eigenen Autorität heraus. Jeremia wird nicht aus sich selbst heraus sprechen und handeln – er ist in Gottes Auftrag unterwegs. Mit Gottes Autorität.

Gott stattet Jeremia bei seiner Berufung mit einer Gabe aus. Er rüstet ihn aus für alles, was bei seiner Aufgabe auf ihn zukommt. Und er nimmt sich Zeit dafür. Denn Gott wusste schon vor Jeremias Geburt, dass er ihn zu einem großen Propheten machen wird: „Ich kannte dich, ehe ich dich im Mutterleibe bereitete, und sonderte dich aus, ehe du von der Mutter geboren wurdest, und bestellte dich zum Propheten für die Völker.“ (V. 5) Gott hat jeden Menschen von Anfang an im Blick. Jeder einzelne ist von ihm gemacht. Und er begleitet ihn auf seinem Lebensweg – vom Anfang bis zum Ende. Von dieser Berufungsgeschichte Jeremias können wir soviel für unseren eigenen Weg mit Gott herausnehmen:

  • Gott kennt mich durch und durch, alle meine Stärken und Schwächen – von Anfang an.
  • Egal, wo ich gerade im Leben stehe und was ich tue – Gott hat etwas mit mir vor. Und er ist die ganze Zeit mit dabei.
  • Gott lädt mir nicht mehr auf als ich tragen kann. Er rüstet mich aus für das, was er mit mir vor hat: mit Begabungen, mit Unterstützung von Freunden, mit seiner Kraft und Autorität.

Gedankenanstöße

  • Wo hat dir Gott in deinem Leben eine Aufgabe gegeben? Wie hat er dich dafür ausgestattet?
  • Bauen und pflanzen ist sicherlich schöner als zerstören und ausreißen. Aber beides gehört zusammen und beides hat seinen Ort und seine Zeit. Gibt es in deinem Leben etwas, wo es Zeit ist, etwas zu zerstören, um es neu (und anders) aufzubauen?
  • In V. 9 wird die Berufung Jeremias konkret: „Und der HERR streckte seine Hand aus und rührte meinen Mund an und sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.“ In der Bibel gibt es einige Personen, bei denen man genau diesen Vers so auch erwarten könnte. Einige Beispiele können auch überraschen, wie z.B. der Hauptmann unter dem Kreuz. Was sagt das aus über die Beziehung zwischen Gott und den Menschen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.